Digitale Barrierefreiheit im Gesundheitswesen

Ein Plädoyer für inklusive App-Entwicklung

Es ist kein Geheimnis, dass Barrierefreiheit in der digitalen Welt einen entscheidenden Faktor für den Erfolg einer Anwendung darstellt. Doch warum sollte man als Unternehmen, insbesondere im Gesundheitssektor, auf Barrierefreiheit setzen, selbst wenn keine rechtlichen Verpflichtungen bestehen? In diesem Blogartikel möchten wir die Bedeutung von digitaler Barrierefreiheit im Gesundheitswesen für Ihre Kund:innen und Ihr Unternehmen hervorheben. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit barrierefreien Apps nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllen, sondern auch einen erheblichen Mehrwert für Ihre Kund:innen schaffen und so neue Aufträge generieren können. Lassen Sie uns gemeinsam in die Welt der inklusiven App-Entwicklung eintauchen und herausfinden, warum digitale Barrierefreiheit im Gesundheitswesen auch ohne rechtliche Verpflichtung ein absolutes Muss ist!

Wann ist digitale Barrierefreiheit optimal umgesetzt?

Digitale Barrierefreiheit ist dann gegeben, wenn alle Menschen digitale Angebote (z.B. Websites, Apps, PDFs) gleichermaßen wahrnehmen, verstehen, navigieren und mit ihnen interagieren können. Barrierefreiheit ist nicht nur für Menschen mit dauerhaften Behinderungen, wie z.B. irreversibler Sehschwäche, relevant, sondern auch für Menschen mit temporären Einschränkungen, die z.B. durch einen Unfall oder durch die situativen Gegebenheiten des Umfelds bedingt sein können.

Gesetzliche Regelungen zur digitalen Barrierefreiheit

Die Anforderungen an die Barrierefreiheit digitaler Angebote öffentlicher Stellen sind europaweit in der Europäischen Norm EN 301 549 geregelt. In Deutschland wurde diese EU-Norm durch die Fortschreibung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) und der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) umgesetzt. Durch diese gesetzlichen Regelungen sind alle Behörden und öffentlichen Stellen verpflichtet, ihre Angebote barrierefrei anzubieten. Darüber hinaus sind auch alle Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform betroffen. Durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) sind die Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen darüber hinaus verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen digital über Portale anzubieten.

Beispiele für betroffene Einrichtungen im Gesundheitswesen

  • Gesetzliche Krankenversicherungen, die in mehr als einem Bundesland tätig sind
  • Öffentliche Krankenhäuser, zum Beispiel auch Universitätskliniken
  • Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie die Verbände der Krankenversicherungen oder die Ärztekammern
  • Anbieter von Gesundheits-Apps, die von der Krankenversicherung übernommen werden

Interessant kann Barrierefreiheit allerdings für alle Akteure sein, da die Gruppe der Verpflichteten stetig erweitert wird. Ab dem 28. Juli 2025 (Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)) sind auch zahlreiche private Unternehmen und Dienstleistungen zur digitalen Barrierefreiheit gesetzlich verpflichtet. Das neue Gesetz bezieht sich unter anderem auf digitale Angebote, die Handel von Produkten anbieten (RICHTLINIE (EU) 2019/882 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen). Hierzu würden beispielsweise Websites von Apotheken oder Optikern zählen, die ihre Produkte online verkaufen. Auch Informationsdienstleistungen wie zahlungspflichtige Auskünfte werden mit einbezogen. Neben dem E-Commerce sind noch weitere Bereiche (Barrierefreie Websites: Rechtliche Grundlagen und BITV 2.0 Checkliste für Redakteure) betroffen.

  • E-Commerce, zum Beispiel Websites von Apotheken oder Optikern oder auch zahlungspflichtige Auskünfte
  • Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die Zugang zu audiovisuellen Medien und die Verwendung von Telekommunikationsdiensten bieten (z.B. EKGs und Blutdruckmessgeräte)
  • Vorgänge und Produkte im Bereich der elektronischen Kommunikation – zum Beispiel Telemedizin
  • Zugang zu audiovisuellen Medien – zum Beispiel Informationsvideos

Warum digitale Barrierefreiheit im Gesundheitswesen – auch ohne rechtliche Verpflichtung?

Auch wenn ein digitales Angebot noch nicht gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet ist, sollte das Thema nicht vernachlässigt werden. Neben der Inklusion bietet Barrierefreiheit weitere Vorteile.

  • Ein barrierefreies Angebot ist auch im Hinblick auf die Usability (Benutzerfreundlichkeit) optimiert, da viele Anforderungen der Barrierefreiheit auch die Usability betreffen.
  • Barrierefreiheit trägt zur Imageverbesserung bei und vergrößert den Kreis potenzieller Nutzer.
  • Auch die Glaubwürdigkeit der Informationen des Anbieters steigt, wenn in einem sensiblen Bereich wie der Medizin digitale Barrierefreiheit eine relevante Rolle spielt.
  • Barrierefreiheit bietet Rechtssicherheit bei der sich ständig ändernden Gesetzgebung. Vorsorge sorgt dafür, dass später weniger nachgebessert werden muss. Ist ein bestimmter Dienst schließlich von Gesetzesänderungen betroffen, kann es zu langen Wartezeiten durch eine Vielzahl von Anfragen zur Überprüfung und Korrektur zahlreicher Inhalte kommen.
  • Barrierefreie Websites werden von Suchmaschinen besser gefunden und ihre Inhalte werden richtig eingestuft, was unter anderem auf eine korrekte und logische semantische Struktur und aussagekräftige Linktexte zurückzuführen ist.
  • Digitale Zugänglichkeit und Barrierefreiheit fördern den Austausch mit Kunden und Patienten. Ein effektiver und effizienter Patientendialog trägt dazu bei, den Informationsfluss, die Partizipation und die Mitbestimmung zu stärken und zu verbessern. Dies erhöht den Komfort und das Wohlbefinden der Patienten.
  • Digitale Barrierefreiheit im Gesundheitswesen fördert die Autonomie und Eigenverantwortung der Kunden für ihre Gesundheit. (World Health Organization. European Programme of Work. United Action for Better Health)
Digitale Barrierefreiheit | Accessibility4Health

Digitale Barrierefreiheit ist für viele Personen relevant, denn ein Unfall oder eine Erkrankung kann auch in jungen Jahren zu körperlichen oder kognitiven Einschränkungen führen

Es gibt Gruppen im Gesundheitswesen, die zwar noch keine gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit haben, jedoch von dieser profitieren würden. Dazu zählen beispielsweise:

Spezialfall: Private Krankenversicherungen

Digitale Barrierefreiheit stellt sicher, dass alle Privatversicherten versorgt werden können (Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG)). Sie können dadurch sowohl auf wichtige Informationen zugreifen als auch Dienste in Anspruch nehmen. Das Gesundheitswesen ist ein sehr sensibler Bereich, weshalb eine explizite Inklusion von Menschen mit Behinderung zur Glaubwürdigkeit der Informationen und Imagebesserung beiträgt (Barrierefreiheit und mehr digitale Kundenfreundlichkeit? Gesetzliche Krankenkassen im Test).

Durch barrierefreien Zugriff auf Informationen der Websites signalisieren private Krankenversicherungen, dass sie sich um das Wohl und die Betreuung ihrer Kunden bemühen, auch nachdem es zu einem Vorfall oder einer Erkrankung kommt. Nur ca. 3% aller schwerbehinderten Menschen in Deutschland sind aufgrund der Genetik eingeschränkt (Statista. Anzahl schwerbehinderter Menschen in Deutschland nach Ursache und Grad der Behinderung im Jahr 2021). 97% wurden im Verlauf des Lebens schwerbehindert; häufigste Ursachen sind allgemeine Krankheiten (z.B. Krebs, Diabetes, Depressionen) und das Alter (Diese Krankheiten können als Schwerbehinderung anerkannt werden).

Mögliche Szenarien für digitale Barrierefreiheit

Orthopäde (Website) Krankenversicherung (App) Schlaflabor (PDF-Datei)
Eine Frau hat sich bei einem Fahrradunfall den rechten Arm am Handgelenk gebrochen. Auch nach der Operation und der Abnahme des Verbandes hat sie Schwierigkeiten, die rechte Hand zu bewegen. Am Computer versucht sie, sich über Orthopäden in ihrer Nähe zu informieren und gelangt auf die Website eines örtlichen Orthopäden. Sie versucht, die Website ohne Maus zu bedienen, da sie diese aufgrund der Schmerzen nicht greifen und steuern kann. Sie stellt fest, dass sie nicht sehen kann, wo sie sich gerade auf der Seite befindet. So kann sie sich weder informieren noch den Arzt kontaktieren und sucht frustriert nach einer anderen Praxis. Ein alleinlebender Rentner wird mit zunehmendem Alter immer schwächer. Auch seine Sehkraft lässt nach. Seine Versicherung empfiehlt ihm eine App, mit der er ohne großen Aufwand Rezepte für Medikamente erhalten kann. In der App stellt er jedoch fest, dass viele Symbole und Schriften aufgrund ihrer Farbe schwer zu erkennen sind. Enttäuscht schließt er die App und besteht darauf, die Rezepte wie bisher ausgedruckt zu erhalten. Ein kürzlich erblindeter Jugendlicher leidet unter Schlafstörungen. Er begibt sich deshalb in ein Schlaflabor. Nach seinem Aufenthalt erhält er seinen Befund als PDF-Dokument per E-Mail. Als er es mit einem Screenreader liest, stellt er fest, dass er einige Inhalte nicht erkennen kann. Überschriften sind nicht als solche gekennzeichnet, so dass er sie nur schwer von normalem Text und Stichpunkten unterscheiden kann. Grafiken mit Diagrammen haben keinen Alternativtext, so dass er nicht versteht, was sie aussagen. Er kontaktiert den Schlafmediziner und bittet um ein persönliches Gespräch, um das Gutachten gemeinsam zu besprechen.

Unser Leistungsportfolio im Bereich inklusive App-Entwicklung

Beratung sowie Prüfung bestehender Websites, Apps & PDFs

  • Erster Quickcheck
  • Grundlegende Bewertung und Planung der notwendigen Maßnahmen
  • Prüfung von Websites, Apps & PDFs nach BITV-Kriterien
  • Entwicklung von Handlungsempfehlungen
  • Entwicklungsbegleitung bei der Optimierung
  • Beratung beim Verfassen der Erklärung zur Barrierefreiheit

Optimierung sowie Neuentwicklung barrierefreier Web- & App-Angebote

  • Technische, UX- & UI-Optimierung entsprechend der Handlungsempfehlungen
  • Integration von Barrierefreiheit in den Lifecycle-Prozess von Websites & Apps

BIK BITV-Test Durchführung

  • Zertifizierte Prüfstelle des BITV-Test Prüfverbunds
  • Durchführung des BIK BITV-Tests gemäß dem BIK-Prüfverfahren

Schulungen und Workshops

  • Wissensaufbau & Entwicklung von Guidelines
  • Entwicklung & Durchführung von Schulungen
  • Workshop „Barrierefreiheit“

Fazit – digitale Barrierefreiheit ist eine moralische Verpflichtung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass digitale Barrierefreiheit nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch ein moralischer und strategischer Imperativ für Unternehmen in der Gesundheitsbranche ist. Durch die Entwicklung barrierefreier Apps können Unternehmen nicht nur ein breiteres Publikum erreichen, sondern auch die Kundenbindung fördern, die Inklusion vorantreiben und neue Märkte erschließen.

Wir bei adesso mobile wissen, wie wichtig es ist, barrierefreie Apps zu entwickeln, die den Bedürfnissen aller Nutzer:innen gerecht werden, unabhängig von ihren körperlichen oder geistigen Fähigkeiten. Unsere Expertenteams sorgen dafür, dass Ihre App nicht nur den Standards für Barrierefreiheit entspricht, sondern auch ein nahtloses und angenehmes Erlebnis für Ihre Kund:innen bietet.

Sprechen Sie noch heute mit unseren Berater:innen darüber, wie wir Sie bei der Entwicklung von barrierefreien Apps unterstützen können. Kontaktieren Sie uns jetzt, und lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die digitale Welt für alle zugänglicher zu machen.

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